Schattentat – Gesellenstück von Henri Gröter, 2021

Gesellenstück in Esche mit Kumiko-Ornamentik und japanischem Reispapier von Henri Gröter; Ausbildungsbetrieb: Schreinerei Rudolf Zwinz, Weberstraße 57, 70182 Stuttgart. 2021, Gewerbliche Schule für Holztechnik Stuttgart

B 900 mm x T 450 mm x H 1100 mm

Nichts inszeniert ein Möbelstück schöner als Licht und Schatten. Die Schattentat lädt zu einem vielseitigen Wechselspiel aus Hell und Dunkel, transluzenten Flächen und einem unermüdlichen Ornament. Das Sideboard kommt daher erst vor einem bodentiefen Fenster oder einer Lichtquelle zur vollen Entfaltung. Denn die milchigen Flächen aus Reispapier an Rückwand und Front lassen das Interieur auch von außen in einem weichen Schattenspiel erahnen. So wird der Stauraum zur Bühne, das Innen zum Außen und ein praktisches Sideboard zum sich wandelnden Hingucker – je nach Tageszeit und Nutzung. Ganz bewusst spiegeln diese Eigenschaften die Philosophie traditioneller japanischer Shoji-Architektur wider. Denn wie die Landschaften um diese minimalistischen Gebäude mit ihren deckenhohen Schiebetüren das Innere zu durchdringen vermögen, spielt auch das Möbel mit der Synthese von Korpus und Umgebung.

Japaneskes Gesellenstück: ein Spiel aus Licht und Schatten

Henri Gröter fasziniert der japanische Zugang zum Holz bereits seit Jahren. Für sein Gesellenstück strebte er nach einem praktischen und vielseitig verwendbaren Alltagsmöbel, dass sich zwar optisch nicht aufdrängt, sich aber auch nicht visuell abnutzt. Die schlichte, klare Formensprache im Kubus und die Komplexität des Kumiko-Ornaments verbindet diese Gegensätze harmonisch zu einem Ganzen. Der schwarze Unterbau lässt den Korpus schweben und unterstützt passend die Leichtigkeit des Möbels. Die Rückwand aus Reispapier ist in einem Holzahmen gespannt, der auf schwarzen flächenbündigen Rosetten sitzt und kann so bei Bedarf leicht demontiert werden. Da die Rückwand wenig Stabilität für den Korpus liefern kann, wurde die Mittelseite an Ober- und Unterboden mit Gratung verbunden. Der Oberboden hat die klassische Bar-Höhe von 1100 mm. Ästhetisch ansprechend und als technische Herausforderung weisen die Vollholzauszüge vorne halbverdeckte Schwalbenschwanzverbindungen auf und sind hinten durchgestemmt. Die Böden können in den Nuten arbeiten und gegebenenfalls nachgeschoben werden. Auch die Fachböden sind durch ansprechende Hirnleisten gegen das Werfen des Holzes geschützt. Die Rahmen der Schiebetüren wurden beständig und schlicht mit Schlitz und Zapfen verbunden und laufen klassisch auf einer Holzführung, wie auch bei Teehausbauten im Shoji-Stil üblich.

Auf Griffe und Beschläge wurde bewusst verzichtet. Das passgenaue Kumiko dient daher auch als Grifflösung. Verschlüsse kann der Nutzer lange suchen. Denn ein Handschmeichler mit eingelassenem Magnet entriegelt über eine Magnetwippe den Schubkasten und auch die Klappe benötigt diesen zur heimlichen Öffnung.

Die Holzauswahl fiel auf die helle Esche mit durchgängigen Kernen, die wie eine Horizontlinie eine malerische Linie um über alle Kanten zeichnen. Durch ein helles Öl wurde die Maserung im Zaum gehalten und bietet einen schlichten Hell-Dunkel-Kontrast zu den schwarzen Beschlägen, die sich ebenfalls zurücknehmen. Die Zapfenbänder sind von Hettich.

Das Resultat atmet den japanischen Geist, der beabsichtigt war:
Eine echte und zeitlose Schattentat, die den Wohnraum dezent bespielt – wie ein kleiner Schrein.

Publikationen & Auszeichnungen

https://www.tischler-schreiner.de/die-gute-form-2022

https://handwerk-bw.de/aktuelles/news-pressemeldungen/newsdetail/gute-form-im-handwerk-1-preistraeger-innen

https://www.hwk-stuttgart.de/artikel/junge-handwerker-sind-bundesweit-spitze-67,0,2830.html